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Katharina Keil: Der epistemische Wert von Wissen aus zweiter Hand. Was verlorengeht, wenn unser Wissen aus zweiter Hand kommt.

Wir hängen sowohl in unserem praktischen Alltag als auch in wissenschaftlichen Diskursen in beträchtlichem Umfang von Wissen aus zweiter Hand ab. Trotzdem genießt dieses Wissen mitunter einen schlechten Ruf. Etwas nur „vom Hörensagen“ zu kennen, bedeutet umgangssprachlich man könne auf diese Meinung nicht bauen; und vor Gericht gelten Aussagen vom Hörensagen nicht als vollwertiger Beweis. In der Geschichte der Philosophie haben sich von Platon über Kant bis hin zu Michael Lynch Denker gegen Wissen aus zweiter Hand ausgesprochen.Von anderen übermitteltes Wissen scheint epistemisch weniger wertvoll zu sein als „etwas für sich selbst zu sehen“.

Diese Arbeit soll sich mit der Frage beschäftigen, warum das so ist. Denn trotz der enormen Bedeutung von Wissen aus zweiter Hand in unserem Alltag, unter anderem für praktische, ethische, und Rechtsfragen, ist dieser Begriff in der analytischen Philosophie bisher nicht systematisch als eigenständiger Begriff erschlossen, sondern wird in der Regel im Rahmen von angrenzenden Fragestellungen mitbehandelt. Viele Debatten spiegeln hier konzeptuelle Divergenzen wider, die einerseits auf eine unzureichende Abgrenzung des Begriffs schließen lassen, andererseits aus Dissensen in anderen Bereichen der Philosophie hervorgehen, zum Beispiel über die Art der Wissenstheorie, die vertreten wird.

Daher soll im Rahmen dieser Arbeit zunächst eine Abgrenzung von Wissen aus zweiter Hand zu Wissen aus erster Hand erfolgen. Darauf aufbauend soll im Hauptteil dieser Arbeit untersucht werden, weshalb Wissen aus zweiter Hand uns weniger wertvoll erscheint. Denn es scheint starke Intuitionen dafür zu geben, Wissen aus erster Hand, unter sonst gleichen Bedingungen, Wissen aus zweiter Hand grundsätzlich vorzuziehen. Dies spricht dafür, dass es neben der Verlässlichkeit, die bei Wissen aus zweiter Hand mitunter schwerer zu prüfen ist, noch andere Faktoren gibt, die Wissen aus zweiter Hand epistemisch weniger wertvoll machen. Einige dieser Faktoren wurden bereits identifiziert, zum Beispiel die fehlende Direktheit, eine mögliche Isoliertheit oder das fehlende eigene Bemühen, das mit dem Erwerb von Wissen aus zweiter Hand einhergeht. Diese Faktoren greifen jedoch jeweils nur einzelne Intuitionen bezüglich des Werts von abgeleitetem Wissen heraus. Ich möchte daher prüfen, ob sich die identifizierten Probleme auf einen gemeinsamen Nenner zurückführen lassen, der aus der Natur von Wissen aus zweiter Hand hervorgeht und inwiefern diese Probleme mit der propositionalen Form, in der dieses Wissen vorliegt und dem Umstand, dass hierbei Information verloren geht, zusammenhängen. Die Antwort auf diese Frage wird auch von unserem Verständnis von angrenzenden Konzepten, wie der Zuverlässigkeit von Wissen, der Vorstellung von Wissen als Fähigkeit und unserem Konzept von Verstehen abhängen.

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